IL BIONDO

Bei den beiden Clubs FC Bologna und Juventus Turin erreichte Haller in den 1960er Jahren einen Heldenstatus.

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Helmut Haller war ein begnadeter Kicker. Er kam 1957 als Nachwuchstalent in die erste Mannschaft des BC Augsburg. Sein erstes Länderspiel bestritt er 1958 in Kopenhagen gegen Schweden. Haller war einer der ersten deutschen Fußballer im Ausland. Er ging 1962 nach der Weltmeisterschaft in Chile als Profispieler zuerst zum FC Bologna und später zu Juventus Turin. Es war damals noch nicht üblich, dass deutsche Fußballer im Ausland spielten. Wer wechselte, musste um seine Karriere in der Nationalmannschaft fürchten. Haller war einer der wenigen deutschen Fußballer, der dennoch diesen Schritt wagte.

Renato Dall’ara, der Präsident beim FC Bologna, brachte 300.000 Mark mit. Haller war mit seiner Mannschaft gerade von der 2. Liga Süd in die Oberliga aufgestiegen. Er träumte davon, ein großer Fußballer zu werden und hatte obendrein eine junge Familie zu ernähren. In einem Wäschesack transportierte Hallers Schwiegervater das Handgeld über den Brenner zurück in die Heimat.

In Italien wurde Haller zum gutbezahlten Profi und zu einer der Säulen des FC Bologna, Aufgrund seiner blonden Haare erhielt er den Spitznamen »Il Biondo«. Weil er so begnadet den Ball streicheln konnte, nannten ihn viele aber auch »Il Ragazzo d´Oro«, den Goldjungen oder auch »Il tedesco die ferro«, der Deutsche aus Eisen, aufgrund seines unglaublichen Durchstehvermögens in den Spielen. Haller machte Italien zwei Jahrzehnte nach der Besetzung durch die Nazis zu einem Deutschland-Fan. Er wurde wegen seines Spielwitzes, seiner Technik und seiner Eleganz geliebt.

mit Renato Dall’ara bei der Vertragsunterzeichnung im Hotel Drei Mohren (1)

»Helmut, dann können Sie die WM in Chile abschreiben.«

So lautete zunächst die Ansage des Nationaltrainers Sepp Herberger. Haller fuhr 1962 letztendlich doch nach Chile.


DREI MEISTERSCHAFTEN

mit Harald Nielsen, der ab 1961 für den FC Bologna in der damaligen italienischen Serie A spielte (2)
Fiat-Boss und Vereinspräsident Giovanni Agnelli fädelte 1968 den Wechsel Hallers zu Juventus Turin ein. (3)

Bolognas Trainer Fulvio Bernardini beschrieb den Stil von Haller: »So spielt man nur im Paradies.« Haller holte 1964 mit FC Bologna den italienischen Meistertitel. Beim Abschluss der Serie lagen die beiden Anwärter FC Bologna und Inter Mailand punktgleich gemeinsam an der Spitze der Tabelle. Das Entscheidungsspiel fand im Juni in Rom statt. Bologna gewann mit 2:0. Haller und seine Mannschaft erwarben sich das Recht, das Meisterschafts-Emblem, das Scudetto, auf dem Trikot zu tragen. Der Jubel war allerdings sehr verhalten, war doch inzwischen der langjährige Clubpräsident Dall’ara gestorben.

Die Meistermannschaft 1964: Franco Janich, ParideTumburus, Romano Fogli, Carlo Furlanis, William Negri, Fulvio Bernardini (Trainer), Marino Perani, Giacomo Bulgarelli, Harald Nielsen, Helmut Haller, Enzio Pascutti, Mirko Pavinato (4)
Haller wird Fußballer des Jahres in Italien 1964. Der beste Spieler der Serie A wird jährlich von der wöchentlich erscheinenden Fußball-Fachzeitschrift Guerin Sportivo ausgezeichnet (5)

Für Haller persönlich ging es sehr positiv weiter. Zahlreiche Glückwünsche erreichten ihn auch aus Deutschland. 1964 wählten ihn die Italiener auch noch zum Fußballer des Jahres. Er war der erste Ausländer, dem das gelang.

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Helmuts alter Verein ehrte ihn durch die Verleihung des Goldenen Ehrenrings. (7)
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Mit Juventus Turin holte Haller 1972 und 1973 noch zweimal den Titel. Die Beliebtheit von Haller in Italien kannte keine Grenzen. Sportredakteur Herbert Schmoll schilderte das so: »Wer das Vergnügen hatte, mit Haller in italienische Stadien zu gehen, kann diese außergewöhnliche Popularität bestätigen.« Schmoll besuchte 1993 zusammen mit Haller und dem Neusässer Gastronomen Renato Cecini das UEFA-Cup-Finale zwischen Juventus Turin und Borussia Dortmund. Zuvor machten sie Station im Trainingszentrum des Clubs. Das strenge Wachpersonal erkannte Haller sofort und für ihn und seine Begleiter öffneten sich alle Türen des sonst hermetisch abgeriegelten Gebäudes. Es dauerte nur wenige Minuten ehe Juve-Coach Giovanni Trapattoni und andere anwesende Superstars die Gäste empfingen. (A)

Mit Giacomo Belardi und William Negri in Bologna (9)
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Text

(A) Herbert Schmoll

Bilder

Titelbild, (1) – (5), (7), (9) – (10) : Giacomo Belardi
(6), (8) aus dem Buch «Der Mann mit den goldenen Beinen« von Robert Deininger